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LYRICS


WHY WOULD I LIE
(written 2016/recorded 2016/revised 2020)
(quotes by Friedrich Nietzsche (1844-1900), "Die fröhliche Wissenschaft")


do you live to work or do you work to live
seize your leisure time to make you feel fulfilled
seize your leisure time to set your mind adrift
feel the spring in your step, feel obstreperousness
how worthwile does your life turn out after all
do you wait for something, waiting for the call
do you love your work 'cause there is nothing else

Sich Arbeit suchen um des Lohnes willen — darin sind sich in den Ländern der Zivilisation jetzt fast alle Menschen gleich; ihnen allen ist Arbeit ein Mittel, und nicht selber das Ziel; weshalb sie in der Wahl der Arbeit wenig feine sind, vorausgesetzt, dass sie einen reichlichen Gewinn abwirft. Nun gibt es seltenere Menschen, welche lieber zu Grunde gehen wollen, als ohne Lust an der Arbeit arbeiten: jene Wählerischen, schwer zu Befriedigenden, denen mit einem reichlichen Gewinn nicht gedient wird, wenn die Arbeit nicht selber der Gewinn aller Gewinne ist. Zu dieser seltenen Gattung von Menschen gehören die Künstler und Kontemplativen aller Art, aber auch schon jene Müßiggänger, die ihr Leben auf der Jagd, auf Reisen oder in Liebeshändeln und Abenteuern zubringen. Alle diese wollen Arbeit und Not, sofern sie mit Lust verbunden ist, und die schwerste, härteste Arbeit, wenn es sein muss. Sonst aber sind sie von einer entschlossenen Trägheit, sei es selbst, dass Verarmung, Unehre, Gefahr der Gesundheit und des Lebens an diese Trägheit geknüpft sein sollte. Sie fürchten die Langeweile nicht so sehr, als die Arbeit ohne Lust: ja, sie haben viel Langeweile nötig, wenn ihnen ihre Arbeit gelingen soll. Für den Denker und für alle erfindsamen Geister ist Langeweile jene unangenehme "Windstille" der Seele, welche der glücklichen Fahrt und den lustigen Winden vorangeht; er muss sie ertragen, muss ihre Wirkung bei sich abwarten: — das gerade ist es, was die geringeren Naturen durchaus nicht von sich erlangen können! Langeweile auf jede Weise von sich scheuchen ist gemein: wie arbeiten ohne Lust gemein ist. Es zeichnet vielleicht die Asiaten vor den Europäern aus, dass sie einer längeren, tieferen Ruhe fähig sind, als diese; selbst ihre Narkotika wirken langsam und verlangen Geduld, im Gegensatz zu der widrigen Plötzlichkeit des europäischen Giftes, des Alkohols.

doze, doze, doze
harness your repose times and
leave, leave, leave
leave it at that sometimes and
get, get, get
get the world off your mind and
there's no-one beside yourself, it's quiet
try a bit of a solipsistic exercise, and you go
drowse, drowse, drowse
maunder in repose times and
find, find, find
a little peace of mind and
give, give, give
yourself to contemplation, rumination
no sense of place
no sense of time

Es ist eine indianerhafte, dem Indianer-Bluthe eigentümliche Wildheit in der Art, wie die Amerikaner nach Gold trachten: und ihre atemlose Hast der Arbeit — das eigentliche Laster der neuen Welt — beginnt bereits durch Ansteckung das alte Europa wild zu machen und eine ganz wunderliche Geistlosigkeit darüber zu breiten. Man schämt sich jetzt schon der Ruhe; das lange Nachsinnen macht beinahe Gewissensbisse. Man denkt mit der Uhr in der Hand, wie man zu Mittag isst, das Auge auf das Börsenblatt gerichtet, — man lebt, wie Einer, der fortwährend Etwas "versäumen könnte". "Lieber irgend Etwas tun, als Nichts" — auch dieser Grundsatz ist eine Schnur, um aller Bildung und allem höheren Geschmack den Garaus zu machen. Und so wie sichtlich alle Formen an dieser Hast der Arbeitenden zu Grunde gehen: so geht auch das Gefühl für die Form selber, das Ohr und Auge für die Melodie der Bewegungen zu Grunde.

do you live to work or do you work to live
how worthwile does your life turn out after all
seize your leisure time to make you feel fulfilled
seize your leisure time to set your mind adrift

Der Beweis dafür liegt in der jetzt überall geforderten plumpen Deutlichkeit, in allen den Lagen, wo der Mensch einmal redlich mit Menschen sein will, im Verkehre mit Freunden, Frauen, Verwandten, Kindern, Lehrern, Schülern, Führern und Fürsten, — man hat keine Zeit und keine Kraft mehr für die Zeremonien, für die Verbindlichkeit mit Umwegen, für allen Esprit der Unterhaltung und überhaupt für alles Otium. Denn das Leben auf der Jagd nach Gewinn zwingt fortwährend dazu, seinen Geist bis zur Erschöpfung auszugeben, im beständigen Sich-Verstellen oder Überlisten oder Zuvorkommen: die eigentliche Tugend ist jetzt, Etwas in weniger Zeit zu tun, als ein Anderer. Und so gibt es nur selten Stunden der erlaubten Redlichkeit: in diesen aber ist man müde und möchte sich nicht nur "gehen lassen", sondern lang und breit und plump sich hinstrecken. Gemäß diesem Hange schreibt man jetzt seine Briefe; deren Stil und Geist immer das eigentliche "Zeichen der Zeit" sein werden. Gibt es noch ein Vergnügen an Gesellschaft und an Künsten, so ist es ein Vergnügen, wie es müde-gearbeitete Sklaven sich zurecht machen. Oh über diese Genügsamkeit der "Freude" bei unsern Gebildeten und Ungebildeten! Oh über diese zunehmende Verdächtigung aller Freude! Die Arbeit bekommt immer mehr alles gute Gewissen auf ihre Seite: der Hang zur Freude nennt sich bereits "Bedürfnis der Erholung" und fängt an, sich vor sich selber zu schämen. "Man ist es seiner Gesundheit schuldig" — so redet man, wenn man auf einer Landpartie ertappt wird. Ja, es könnte bald so weit kommen, dass man einem Hange zur vita contemplativa (das heißt zum Spazierengehen mit Gedanken und Freunden) nicht ohne Selbstverachtung und schlechtes Gewissen nachgäbe. — Nun! Ehedem war es umgekehrt: die Arbeit hatte das schlechte Gewissen auf sich. Ein Mensch von guter Abkunft verbarg seine Arbeit, wenn die Not ihn zum Arbeiten zwang. Der Sklave arbeitete unter dem Druck des Gefühls, dass er etwas Verächtliches tue: — das "Tun" selber war etwas Verächtliches. "Die Vornehmheit und die Ehre sind allein bei otium und bellum": so klang die Stimme des antiken Vorurteils!

doze, doze, doze
harness your repose times and
leave, leave, leave
leave it at that sometimes and
get, get, get
get the world off your mind and
there's no-one beside yourself, it's quiet
try a bit of a solipsistic exercise, and you go
drowse, drowse, drowse
maunder in repose times and
find, find, find
a little peace of mind and
give, give, give
yourself to contemplation, rumination
no sense of place
no sense of time



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